Rechtsartikel

Joint Venture – Standbein durch Übernahme einer bestehenden deutschen Gesellschaft

30.01.2018

Christian Stern, LL.M.; Thomas Urbańczyk, LL.M.

Der Begriff Joint Venture dient als Sammelbezeichnung für verschiedene Formen der projektbezogenen Unternehmenskooperation und bezeichnet in der Regel die Beteiligung zweier Firmen in einem gemeinsamen Tochterunternehmen.

In einem weiteren Szenario, dass hier näher behandelt werden soll, spricht man ebenfalls von einem Joint Venture, obwohl keine neue Gesellschaft gegründet wird.

Eine interessante Variante vor allem für ausländische Investoren, die in den deutschen Markt einsteigen möchten, ist die Übernahme des Mehrheitsgesellschaftsanteils an einer bestehenden deutschen Gesellschaft. Auf diese Weise bleibt der bereits auf dem deutschen Markt tätige und mit diesem vertraute Altgesellschafter (Minderheits-)Gesellschafter und der ausländische Unternehmer wird Mitgesellschafter. Internationale Joint Ventures sind das ideale Mittel zur Erschließung neuer Märkte.

Synergieeffekte

Motivation für den Zusammenschluss ist, sich die Kompetenzen und Ressourcen des jeweils anderen Partners zu Nutze zu machen. Es erfolgt idealerweise eine Bündelung der Stärken. Großer Vorteil der Übernahme einer bestehenden Gesellschaft ist die Vermeidung der relativ aufwändigen Neugründungsregelungen. Der Kundenstamm sowie die Bekanntheit des Namens, unter dem die bestehende Gesellschaft am Zielmarkt firmiert, fällt dem Joint Venture-Partner ebenfalls zu. Darüber hinaus können bestehende Strukturen (etwa Verträge mit Zulieferern) genutzt werden. So kann es rasch und unkompliziert gelingen, Marktanteile zu erhalten und weiter auszubauen.

Joint Venture-Vertrag

Grundlage dafür ist der Joint Venture-Vertrag, der Ziele der Geschäftspolitik und inhaltliche Punkte des zu errichtenden Gesellschaftsvertrags umfasst. Durch den Vertrag entsteht zunächst eine BGB-Innengesellschaft, die im Gegensatz zur Vorgründungsgesellschaft während der gesamten Dauer des Joint Venture bestand hat.

Im Joint Venture-Vertrag sind klare Regelungen zur Zusammenarbeit und praktikable Mechanismen zur Entscheidungsfindung insbesondere im Konfliktfall gefragt. Hierfür sieht das deutsche Gesellschaftsrecht geeignete Mechanismen vor, die bereits beim Einstieg in ein solches Joint Venture implementiert werden sollten. Denn im Streitfall ist es hierfür oftmals zu spät.

Contractual Joint Venture vs. Equity Joint Venture

Im Gegensatz zum Equity Joint Venture bei dem eine neue Gesellschaft unter Berücksichtigung aller gründungsrechtlichen und auflösungsrechtlichen Vorschriften entsteht, ist die Gründung bzw. Auflösung beim Contractual Joint Venture relativ simpel.

Im Contractual Joint Venture haben die Parteien in Ermangelung weitreichender gesetzlicher Vorgaben einen besonders großen Spielraum bei der Ausgestaltung ihrer Vertragsbeziehungen. Im Equity Joint Venture schränkt die rechtliche Struktur die Zusammenarbeit zumindest in Teilbereichen durch zwingende gesetzliche Regelungen ein.

Das Contractual Joint Venture kann kein Eigenleben entfalten, die Kontrolle bleibt stets in der Hand des Investors und des Altgesellschafters. Auch die Beendigung eines Contractual Joint Venture ist leichter, weil eine Innengesellschaft keine Liquidation erfordert.

Vorteile gegenüber einer Zweigniederlassung

Als Alternative zu einer Beteiligung in Form eines Joint Ventures kann der Investor zum Beispiel auch den eigenständigen Aufbau einer Zweigniederlassung in Deutschland in Erwägung ziehen. Dazu ist eine Einheit in Deutschland mit einem gewissen Grad organisatorischer Selbständigkeit erforderlich. Sind die Voraussetzungen erfüllt, besteht die Anmeldepflicht dieser Zweigniederlassung zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 13 HGB. Dies gilt auch für international anerkannte Äquivalente (zum Beispiel polnische Kapitalgesellschaften wie die sp. z o.o. und die S.A.).

Die Anmeldung zur Eintragung einer ausländischen Zweigniederlassung in Deutschland ist jedoch aufwändig. Denn jeder Anmeldung ist eine Vielzahl von Dokumenten als Anlage beizufügen. Unterlagen in ausländischer Sprache sind dem Register in einer amtlichen Übersetzung beizubringen, was den Kostenaufwand und die Dauer des Anmeldungsprozesses erhöht.

Der größte Vorteil des Joint Venture liegt daher im Vergleich hierzu regelmäßig in der deutlich erfreulicheren Kosten-Nutzen-Rechnung.

Herausforderungen und Gefahren des Joint Venture

Die Bewertung der zu übernehmenden deutschen Gesellschaft kann herausfordernd und für externe Investoren nur unter hohem Aufwand durchführbar sein. Hier lohnt es in der Regel, sich entsprechend beraten zu lassen.

Der Vorteil der flexiblen vertraglichen Gestaltung im Contractual Joint Venture birgt zugleich nicht unerhebliche Risiken von Regelungslücken sowie kostenintensiven und zeitraubenden Vertragsverhandlungen.

Zudem unterliegt man durch den Anteilskauf eventuell dem deutschen und polnischen Kartellrecht und (bei Überschreiten der relevanten Schwellenwerte) den Fusionskontrollvorschriften. Die Gründung eines Joint Venture (auch eines Contractional Joint Venture) kann also zur Anmelde- bzw. Anzeigepflicht beim Bundeskartellamt führen. Hierbei sind auch auf die entsprechenden europarechtlichen Vorschriften zu beachten.

Fazit


Die Markteintrittsvariante Joint Venture erfreut sich nicht zu Unrecht großer Beliebtheit. Bei entsprechender Vorbereitung und begleitender Beratung können beide Seiten von solchen Zusammenschlüssen profitieren.

 

Christian Stern, LL.M.
Geschäftsführer Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht,
Steuerberater ARK Rechtsanwälte GmbH

 

Thomas Urbanczyk, LL.M.
Rechtsanwalt Geschäftsführer ARK Rechtsanwälte GmbH
Mommsenstraße 73
10629 Berlin

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