Interview mit Tomasz Kowalski, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Polska
AHK Polen: Zu den Kunden der Deutschen Bank Polska gehören große polnische und ausländische Unternehmen und Finanzinstitute. Wie unterstützt die Deutsche Bank Polska ihre Kunden im Firmenkundengeschäft?
Tomasz Kowalski: Unser Dienstleistungsportfolio ist auf die Bedürfnisse großer in- und ausländischer Unternehmen zugeschnitten und deckt den Bedarf der Kunden in den Bereichen Liquiditätsmanagement, Wechselkursrisiko und Lieferkettenmanagement ab. Wir bieten auch Depotbankprodukte für Investment- und Pensionsfonds an.
Unsere Lösungen für das Transaktionsbanking rationalisieren die Prozesse der Verwaltung inländischer und internationaler Zahlungen und verringern die mit dem Außenhandel verbundenen Risiken. Ein Beispiel für eine von unseren Firmenkunden geschätzte Lösung ist die hochmoderne Devisenplattform der Deutschen Bank, Autobahn FX3, die es ermöglicht, Transaktionen im Auftrag verschiedener Unternehmen mit diversen Tochtergesellschaften der Deutschen Bank Gruppe durchzuführen.
AHK Polen: Welche Perspektiven sehen Sie für den Firmenkundenbereich in Polen? Ist dies ein Bereich mit Potenzial für dynamisches Wachstum im Kontext der wirtschaftlichen Entwicklung?
TK: Das ist selbstverständlich, zumal der Finanzierungsbedarf der in unserem Land tätigen Unternehmen weiter wächst und komplexer wird, während die polnische Wirtschaft gleichzeitig einen großen Investitionsbedarf hat, insbesondere im Hinblick auf die grüne Transformation und die Erfüllung der ESG-Anforderungen. Die Banken spielen in diesen Prozessen eine Schlüsselrolle. Die Nachfrage einer Finanzierung von ESG-Projekten seitens großer Unternehmen hat in den letzten Jahren zugenommen.
AHK Polen: Es wird derzeit viel über ESG gesprochen. Wie unterstützt die Deutsche Bank Polska ihre Kunden bei der Umsetzung dieser Strategie?
TK: ESG-bezogene Veränderungen sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine strategische Chance für viele Unternehmen und die Region als Ganzes. Die Deutsche Bank Polska unterstützt ihre Kunden unter anderem bei der Umsetzung langfristiger Geschäftsstrategien, wobei der Schwerpunkt auf der Unterstützung des Wandels in der Art und Weise liegt, wie sie ihr Geschäft betreiben, indem sie die grüne Transformation finanziert, was einen langfristigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit bedeutet. Weltweit gehört die Deutsche Bank zu den fünf größten Banken, die ESG-Finanzierungen arrangieren. Im Einklang mit den aktuellen aufsichtsrechtlichen Anforderungen verfügt die Deutsche Bank Polen über einen ESG-Ausschuss, der eingerichtet wurde, um ESG-, nachhaltige Finanz- und Nachhaltigkeitsthemen im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Bank zu überwachen.
AHK Polen: Wie sehen Sie die Rolle der Finanzinstitute beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft?
TK: Der Bankensektor ist bereit, große, mehrstufige Projekte zu finanzieren, z. B. Energiewandlung und Effizienzverbesserungen oder Infrastrukturprojekte, aber seine endgültige Kapazität wird dennoch vom wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld abhängen. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird fast die Hälfte der CO2-Emissionsreduzierungen auf Technologien zurückgehen, die sich derzeit erst im Prototypenstadium befinden, so dass ein rascher Übergang zum kommerziellen Stadium erforderlich sein wird, was immer ein äußerst kostspieliger Prozess ist. Daher ist die Beteiligung des Bankensektors an der Stimulierung des Wirtschaftswachstums auf Grundlage eines kohlenstoffarmen Geschäftsmodells von wesentlicher Bedeutung. Den Banken kommt eine besondere Rolle als Partner und Berater zu, wenn es darum geht, konkrete und wirksame Wege zu finden, um messbare Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig auf ein nachhaltiges Geschäft zu bauen, ohne dass dies negative Auswirkungen hat, beispielsweise in Form einer Verschärfung sozialer Ungleichheiten. Der Bankensektor wird eine Schlüsselrolle beim Vorantreiben der globalen Energiewende spielen, und die Bewältigung der mit dem Klimawandel verbundenen Risiken wird in den kommenden Jahrzehnten einer der Grundpfeiler des Bankgeschäfts sein.
AHK Polen: Was ist im Jahr 2024 die größte Herausforderung für die polnische Wirtschaft?
TK: Eines der Risiken ist die Ungewissheit in Bezug auf die Inflation und die Zinssätze, obwohl Experten von einer deutlichen Verlangsamung der durchschnittlichen jährlichen Inflation sprechen, von 11,6 % im Jahr 2023 auf 5,8 % im Jahr 2024. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Risiko einer Eskalation des Krieges in der Ukraine oder das Risiko von Konflikten außerhalb Europas, hauptsächlich im Fernen Osten. Hinzu kommt die Destabilisierung des inländischen Bankensektors aufgrund des ungelösten Problems der Fremdwährungskredite. Hinzu kommen eine ungünstige demografische Struktur und eine Abwanderung von Arbeitnehmern, insbesondere aus dem Technologie- und Finanzsektor, in weiterentwickelte Volkswirtschaften.
AHK Polen: Impulse für die Entwicklung der polnischen Wirtschaft im Jahr 2024?
TK: Die Erhöhung der Glaubwürdigkeit Polens in der Europäischen Union als ein Land, das Rechtsstaatlichkeit und Demokratie achtet, wird sich positiv auf die Entwicklung der polnischen Wirtschaft auswirken und unter anderem die Mobilisierung von EU-Mitteln aus dem Instrument für Wiederaufbau und verbesserte Widerstandsfähigkeit im Rahmen des nationalen Konjunkturprogramms ermöglichen. Dies wird insbesondere dazu beitragen, Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz zu finanzieren, die aufgrund der ehrgeizigen EU-Klimaziele notwendig sind, wie ich bereits erwähnt habe. Wir erwarten auch, dass die ausländischen Investitionen florieren werden. Auf der Grundlage der Daten des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE) und der BIP-Prognose des Statistischen Zentralamts (CSO) für 2024 können wir mit einer deutlichen Beschleunigung des Wirtschaftswachstums rechnen, wobei das BIP um schätzungsweise 2,3 % wachsen wird.
AHK Polen: Wir danken Ihnen für das Gespräch.