Aus den Unternehmen

Situation auf dem Strommarkt im Jahr 2020

09.12.2019

Interview mit Marcin Mucharski, Rechtsberatung bei CWW Kancelaria Prawnicza Sp.k.

Im Jahr 2019 wurde ein Höchstpreismechanismus für Strom für Abnehmer, einschließlich Unternehmer, eingeführt. Wird dieser Mechanismus bis 2020 verlängert werden?

Marcin Mucharski: Am 28. Dezember 2018 wurden Mechanismen zur Verhinderung von Strompreiserhöhungen im Jahr 2019 eingeführt. Gemäß dieser Regelung konnten grundsätzlich im ersten Halbjahr alle Unternehmen und in der zweiten Jahreshälfte bestimmte Unternehmensgruppen, die bei ihrem Stromversorger einen entsprechenden Antrag gestellt haben, von der Verhinderung des Anstiegs der Energiepreise profitieren.
Wir haben derzeit keinen Grund anzunehmen, dass die Preise für 2020 auf dem gleichen Niveau aufrechterhalten werden. Bis jetzt sind keine Gesetzesvorschläge vorgelegt worden, die die Gültigkeit der geltenden Rechtsvorschriften verlängern würden. Aus den öffentlichen Äußerungen des Ministeriums für Entwicklung geht auch nicht hervor, dass solche Änderungen geplant sind.
Hervorzuheben ist jedoch, dass Industrieabnehmer die Möglichkeit haben, Unterstützungssysteme für energieintensive Unternehmen in Anspruch zu nehmen. Da Abnehmer im Energiepreis nicht nur für die Energie selbst, sondern auch für andere Nebenkosten, verbunden u.a. mit den Treibhausgasemissionen oder Förderungssystemen für erneuerbare Energien, Gebühren erheben, können einige Unternehmen zu einem bestimmten Teil von diesen Belastungen befreit werden. Diese Befreiungen sollen den Unternehmen helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Unternehmen außerhalb Polens oder der Europäischen Union zu erhalten.

Sind neben den Preisänderungen weitere wesentliche Änderungen im Energiebereich vorgenommen worden?

MM: Im Jahr 2019 gab es viele solche Änderungen. Die Novellierung des Gesetzes über erneuerbare Energien ist in Kraft getreten, die hauptsächlich eine Auktion für erneuerbare Energien ermöglicht, welche für viele Anlagen Voraussetzung für deren Umsetzung ist.
Darüber hinaus wurde beschlossen, ein Abrechnungssystem für Prosumer einzuführen. Ein Prosumer ist ein Stromabnehmer, der in seiner eigenen Mikroanlage für erneuerbare Energien mit einer Leistung von höchstens 50 kW Strom erzeugt. Dies bedeutet, dass der Stromverkäufer bei der Abrechnung von Strom, die vom Prosumer in das Netz eingebrachte und die für den Eigenbedarf verbrauchte Strommenge berücksichtigt. Einfach ausgedrückt, funktioniert es so, dass sich der Energieverbrauch in einem Kalenderjahr, für den bezahlt werden muss, um die in das Netzwerk eingespeiste Energiemenge in einem Verhältnis von 1 zu 0,7 oder 0,8 verringert, je nach Kapazität der Anlage.
Zudem erfüllte der Gesetzgeber die Erwartungen der Branche und beschloss, den persönlichen Anwendungsbereich der vom Abrechnungssystem zugelassenen Unternehmen zu erweitern. Derzeit können auch Unternehmer und Energiegenossenschaften das Abrechnungssystem nutzen.
Im Gegenzug, aufgrund von Änderungen des Polnischen Bürgerlichen Gesetzbuchs, erhalten nach Juni 2020 natürliche Personen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, und die Verträge, u.a. auch mit Energieunternehmen abschließen, einen ähnlichen Schutz wie Verbraucher.
Auch die Regelung zur Umsetzung von Anlagen zur thermischen Verwertung von Siedlungsabfällen wurde geändert. Bisher konnten Unternehmen, die am Bau und Betrieb von Abfallverbrennungsanlagen interessiert sind, solche Investitionen tätigen, nachdem sie in die Liste der Anlagen auf Woiwodschaftsebene aufgenommen worden sind. Diese Kompetenzen werden nun vom für Umwelt zuständigen Minister (wahrscheinlich Klima) übernommen werden und es wird eine nationale Liste in Form einer Verordnung erstellt werden. Aus diesem Grund sollten Unternehmen, die an der Umsetzung einer solchen Investition interessiert sind, Anfang 2020 Maßnahmen ergreifen, um einen solche Eintragung zu erhalten.

Welche neuen Veränderungen sind auf dem Energiemarkt im Jahr 2020 zu erwarten?

MM:Es ist anzunehmen, dass sich in den kommenden Jahren der Energiemarkt und der gesamte Energiesektor grundlegend verändern wird. Europa wendet sich derzeit von fossilen Brennstoffen und Treibhausgasemissionen ab. Aus diesem Grund werden wir den Anteil der konventionellen Quellen, d. h. solcher, die mit fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl oder Gas betrieben werden, zu Gunsten erneuerbarer Quellen reduzieren.
Im Jahr 2020 erwarten wir die Vorlegung einer Regelung für den Bau von Offshore-Windparks, des sog. Offshore-Gesetzes. Gemäß der Ankündigungen von Ministerin Jadwiga Emilewicz soll in den kommenden Wochen ein entsprechender Gesetzesvorschlag vorgelegt werden. Es gibt auch Pläne zur Änderung des sogenannten Windpark-Gesetzes, das den Bau von Onshore-Windparks blockierte, falls sich in einem Abstand von weniger als dem Zehnfachen der Masthöhe Wohngebäude befinden.
Es sollten auch die von der Europäischen Kommission unter dem Namen European Green Deal angekündigten Annahmen für die Klimapolitik der Europäischen Union erwähnt werden. Entsprechend diesen Annahmen soll der Einsatz fossiler Brennstoffe weiterhin reduziert werden. Das System der Treibhausgasemissionen soll auf neue Branchen und Anlagen erweitert werden. Insbesondere sollen Emissionen in den Bereichen Verkehr und Luftfahrt gesenkt werden. Diese Ankündigungen zeigen, dass wir einem dynamischen Übergang zu erneuerbaren Energien gegenüberstehen.
In diesem Zusammenhang sollten alle Unternehmen analysieren, wie sie sich an die bevorstehenden Änderungen anpassen können. Insbesondere sollte erwogen werden, die Stromerzeugung mit eigenen Anlagen für erneuerbare Energien zu verbinden und Überschüsse an Verteilungsnetze zu verkaufen oder eine direkte Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, die über solche Anlagen verfügen, aufzunehmen, sei es in Form von Clustern, Energiegenossenschaften oder direkten Verträgen. Beide oben genannten Lösungen können dazu beitragen, dass das Risiko eines weiteren Anstiegs der Energiepreise begrenzt wird.