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Markus Baltzer: Ich bin ein Mensch, der sich dadurch motiviert, dass Dinge erledigt werden

12.07.2022

Interview mit Markus Baltzer, Präsident des Vorstandes der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer

Herr Baltzer, Sie sind jetzt schon zum zweiten Mal zum Kammerpräsidenten gewählt worden. Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen gehen Sie in Ihre zweite Amtszeit?

Markus Baltzer (MB): Ich glaube, wir starten in eine schwierige Phase. Corona ist noch nicht überwunden, die Lieferketten funktionieren immer noch nicht einwandfrei,  die Energiepreise und Rohstoffpreise sind auf Rekordniveau, die Inflation ist deutlich zweistellig, der Krieg in der Ukraine sorgt für massive Verunsicherungen, Kosten und geopolitische Verschiebungen und außerdem wird die politische Lage in Polen vom Wahlkampf überschattet.

Nichts destotrotz blicke ich zuversichtlich in diese nächste Amtszeit. Polen und Deutschland sind eng verzahnt. Polen ist der fünftgrößte Handelspartner Deutschlands, und Deutschland ist der erste Handelspartner Polens. Das wird sich nicht ändern. Im Gegenteil, die Lieferkettenproblematik birgt zusätzliche Opportunitäten. Gleichzeitig wird Polen immer innovativer und kommt mit eigenen Innovationen insbesondere in der IT auf den Markt. Polen hat auch das Potential, erheblich zur Energiewende beizutragen. Auf der politischen Seite hat Polen an Stärke gewonnen, und wird das im europäischen Kontext sicher zu nutzen wissen.

Meine Hoffnung ist, dass wir als AHK uns weiter entwickeln werden und eine mit jedem Tag modernere und attraktivere Kammer für unsere Mitglieder werden. Die Digitalisierung, die Nachhaltigkeit, die Industrie 4.0 sowie die internationale Zusammenarbeit sollten da die Prioritäten sein. Natürlich begleitet mit vielen interessanten Zusammenkünften, bei denen sich die Creme de la Creme der Wirtschaft austauschen kann. Entsprechend positiv sollte sich dann auch unser Mitgliederstamm entwickeln.

Warum sind Sie vom Standort Polen überzeugt?

MB: Polen hat aufgrund seiner unmittelbaren und langen Grenze zu Deutschland, die quasi die europäischen Exportmaschine ist, einen erheblichen Standortvorteil für den internationalen Handel. Polen bietet motiviertes, gut ausgebildetes und noch nicht zu teures Fachpersonal in einem kompetitiven Umfeld und vor allem mit einer Schaff-ich-Attitüde. Die Infrastruktur hat sich in den vergangenen 20 Jahren – wenn man vom Zug Warschau-Berlin absieht – erheblich verbessert und ist auch immer noch dabei, sich massiv zu verbessern. Die nationale und die kommunalen Regierungen sowie die Städte sind alle sehr investorenfreundlich. Fehler werden durchaus gemacht – siehe Polski Lad – aber dann wird auch daran gearbeitet, diese wieder auszubügeln. Letztlich kann Polen darauf verweisen, dass es über die vergangenen Jahre deutlich stärkere BIP zustande gebracht hat als der europäische Durchschnitt oder alle Nachbarstaaten. Das zeugt auch von einem gesunden und wachsendem Binnenmarkt. Grundsätzlich also ein guter Standort mit einer starken Perspektive nach vorne.

Zwei Jahre Pandemie, die nach wie vor nicht vorbei ist. Und seit Jahresanfang nun auch noch der Krieg beim Nachbarn in der Ukraine. Die Herausforderungen für uns alle sind gewaltig, weil sie eine große Ausdauer von uns verlangen. 
Wie motivieren Sie sich für Ihre Arbeit?

MB: Ich bin ein Mensch, der sich dadurch motiviert, dass Dinge erledigt werden – und dass meine Arbeit vielfältig ist. Da kann ich mich als CEO von Bayer für Zentral -Osteuropa und als Präsident der Handelskammer nicht beklagen. Ich komme in beiden Fällen mit hochgradig interessanten und intelligenten Menschen zusammen und kann ein weites Feld an Aktivitäten abarbeiten. Am besten ist es natürlich, wenn man dabei Spaß hat, und den habe ich in der Regel.

Wie wird sich die Wirtschaft Polens und der Außenhandel entwickeln? Wagen Sie eine Prognose?

MB: Grundsätzlich sehe ich das positiv. Wie bereits erwähnt, verfügt Polen über so ziemlich alles, um erfolgreich zu sein. Leider werden die Folgen des Krieges, der Anstieg der Inflation und die letztlich begrenzten Ressourcen zum Ausgleich der Kosten für die Bevölkerung die nächsten 12-14 Monate sehr beeinflussen. Wenn die Regierung es nicht schafft, die Inflation zu bremsen, kann das zu einer weiteren Entwertung des Zloty führen, was wiederum einen Einfluss auf die Produktivität und die Kosten der importierten Güter haben wird. Dennoch: Polen verfügt über eine starke Wirtschaft, ist gut vernetzt und hat vor allem Unternehmer mit dem Willen voranzukommen.

Herr Baltzer, herzlichen Dank für das Gespräch.