Reform des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts

Reform des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts

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Autorin: Adrianna Grau LL.M.

Am 01.01.2018 sind wichtige Änderungen im deutschen Kaufvertragsrecht in Kraft getreten. Für Unternehmen, die regelmäßig Waren nach Deutschland verkaufen ist es deshalb wichtig, sich über die Gesetzesänderungen zu informieren. 

1. Einführung des neuen § 439 Abs. 3 BGB

Hier geht es um Fälle, in denen der Käufer eine mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck einbaut oder an eine andere Sache anbringt. Im Rahmen der Nacherfüllung ist der Verkäufer dazu verpflichtet, dem Käufer auch die Kosten für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der mangelfreien Sache zu ersetzen. Typische Anwendungsfälle für diese Vorschrift sind beispielsweise die Lieferung mangelhafter Kabel, Fliesen, Bodenbelägen, Wandfarben. § 439 Abs. 3 BGB gilt auch für Business-to-Business Kaufverträge.

Der Verkäufer haftet für die Aus- und Einbaukosten jedoch nur, wenn der Käufer beim Einbau gutgläubig war. Dem Käufer durfte beim Einbau die Mangelhaftigkeit der Sache nicht bekannt sein oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sein. Ist der Käufer ein Verbraucher, kann er gemäß § 475 Abs. 6 BGB vom Verkäufer einen Vorschuss für die ihm entstehenden Aus- und Einbaukosten oder für Transport-, Wege- und Materialkosten verlangen. 

 

2. Rückgriff des Verkäufers gemäß § 445a BGB in der Lieferkette

§ 445a a BGB erleichtert es dem Verkäufer, seine Lieferanten in Regress zu nehmen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Norm ist es, dass auf den Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Lieferanten deutsches Recht Anwendung findet. Voraussetzung für den Regressanspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten ist es, dass die Kaufsache bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer mangelhaft war.

Käufer → Verkäufer →Lieferant

Bislang bestand der Regress auf den Lieferanten nur, wenn es sich beim Endabnehmer um einen Verbraucher handelte. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, die durch den Mangel entstandenen Kosten möglichst bis zu dem Unternehmer durchzureichen, in dessen Bereich der Mangel entstanden ist.
 

3. Abdingbarkeit der Haftung der Kosten für Aus- und Einbaukosten für Business-to-Business Verträge

a) durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 
Von der Verpflichtung zur Aufwandsentschädigung für Aus- und Einbaukosten kann beim Verkauf an Verbraucher gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b cc BGB nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen abgewichen werden. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist diese Vorschrift nicht direkt anwendbar. Nach der Rechtsprechung sind die in § 309 BGB enthaltenen Verbote im Business-to-Business Bereich ebenfalls zu beachten. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung Modifizierungen der Verpflichtung des Verkäufers zur Erstattung der Ein-und Ausbaukosten im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulassen wird.

b) durch Vertrag
Beim Verkauf an Verbraucher ist eine Abbedingung der Erstattung des Aufwands für die Ein- und Ausbaukosten nicht zulässig.

Die Vereinbarung einer abweichenden Regelung im Business-to-Business Bereich ist gesetzlich nicht ausgeschlossen. Allerdings ist hier zu beachten, dass der Bundesgerichtshof strenge Anforderungen an das Aushandeln einer Individualvereinbarung stellt.

Aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen wird allen Unternehmen empfohlen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Lieferverträge aufgrund der gesetzlichen Änderungen durch einen Rechtsanwalt prüfen und anpassen zu lassen.

Autorin

Adriana Grau, LL.M. in Intellectual Property Law 

Geschäftsführende Partnerin Kanzlei GRAU Rechtsanwälte LLP
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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