Polen erfreut sich eines ungebrochenen Interesses deutscher Investoren. Viele von ihnen sehen in der Zusammenarbeit mit dem östlichen Nachbarn Wachstumschancen für ihr Geschäft. Was macht den polnischen Markt zu einem so attraktiven Standort für ausländische Unternehmen?
Polen ist gegenwärtig einer der spannendsten Wirtschaftsstandorte in Europa, gerade für den Mittelstand. Es ist seit dem EU-Beitritt im Jahre 2004 ein stabiler, überdurchschnittlich wachsender Markt im Herzen des Kontinents mit positiven Prognosen für die Zukunft: für dieses Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent erwartet. Die zentrale Lage, die dynamische Wirtschaftsentwicklung und die starke Industrie sind klare Vorteile des Standortes. Als sechstgrößte Volkswirtschaft der EU bietet Polen einen attraktiven Absatzmarkt im B2B- und B2C-Bereich, dient auch als ein interessanter Beschaffungsmarkt für viele deutsche Unternehmen und ein attraktiver Investitionsstandort. Die die gut ausgebaute Infrastruktur, zuverlässige Logistik, hochqualifizierte Fachkräfte und wettbewerbsfähige Produktionskosten werden von vielen deutschen Unternehmern geschätzt. Dies zeigt schon der jetzige Stand der Handelsumsätze: Deutschland exportierte im Jahr 2024 Waren im Wert von 93,8 Milliarden EUR nach Polen. Somit gilt Polen erstmals vor China als der viertgrößte Exportmarkt für deutsche Waren. Ganz interessant ist dabei auch die europäische Konsolidation und die Synergieeffekte innerhalb Europas – bedingt durch die geopolitische Situation wird verstärkt auf die Zusammenarbeit innerhalb Europas geschaut. Als Beispiel kann man die Infrastrukturprojekte nennen. Polen und Deutschland können die Zusammenarbeit noch mehr stärken.
Für Vertreter welcher Branchen ist Polen besonders interessant?
Polen hat nicht nur eine starke verarbeitende Industrie, z.B. in solchen Bereichen wie Metall- und Kunststoffverarbeitung, Elektronik, Elektrotechnik, Holzbau. Zunehmend wird in F&E investiert. Polen ist vor allem auf komplexe Produktionsprozesse mit einer hohen Wertschöpfung eingestellt.
Somit entwickelt Polen auch konsequent strategische Zukunftsbranchen. In diesem Jahr plant Polen gezielte Investitionen von rund 167,5 Mrd. Euro in solche Branchen. Die neulich verkündete Wirtschaftsstrategie konzentriert sich auf solche Bereiche wie Digitalisierung, Förderung von Wissenschaft und Forschung, Unterstützung der Energiewende, Entwicklung moderner Technologien, Ausbau von Häfen und Schienenverkehr, Stärkung des Kapitalmarkts sowie die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen. Die AHK Polen sieht in diesem Plan große Chancen für deutsche Unternehmen, die sich aktiv an der wirtschaftlichen Transformation Polens beteiligen möchten.
Wie können sich Unternehmen am besten auf den Eintritt in den polnischen Markt vorbereiten? Worauf muss man achten, um sich in Polen erfolgreich zu etablieren oder Geschäftspartner zu finden?
Als AHK Polen erkennen wir, dass sich die Wahrnehmung der deutschen Unternehmen geändert hat – man sieht in Polen einen strategischen Markt mit großen Absatzmöglichkeiten, gleichzeitig ist man sich bewusst, dass der Vertriebsaufbau viel mehr Zeit in Anspruch nimmt und konkrete Vorbereitungen erfordert. Insbesondere bezüglich der Planung der Kapazitäten und Identifikation von entsprechenden Geschäftspartnern. Bei der Erschließung des polnischen Marktes fängt man üblicherweise mit einer Vertriebspartnergewinnung an. Das spart Zeit und Geld, vor allem wenn man noch keine Erfahrung mit dem polnischen Markt hat. Es gibt aber auch Bereiche, in denen die Einstellung eines eigenen Vertriebsmitarbeiters oder die Gründung einer Tochtergesellschaft zielführender sind. Also ähnlich wie man bei der Erschließung des deutschen Marktes vorgeht. Mit der Reife des polnischen Marktes und der bestehenden Konkurrenz ist es ein natürlicher Prozess. Das ist aber auch erfreulich und gut so. In jedem Fall empfehlen wir gezielt die Absatzmöglichkeiten und Vertriebsstrukturen zu prüfen, denn die regionalen Unterschiede spielen in Polen auch eine große Rolle.
Was bietet die AHK Polen Unternehmen, die Wachstumsmöglichkeiten in ihrer Branche ausloten möchten?
Bei der Durchführung der Projekte greifen wir immer auf unser Netzwerk und unsere Kontakte zurück. Da wir schon 30 Jahre auf dem polnischen Markt tätig sind haben wir in Polen sehr umfangreiche Kontakte und Branchenexpertisen aufbauen können. Wir sind branchenübergreifend tätig und spezialisieren uns auf den Branchen, die das Handelsvolumen zwischen Polen und Deutschland ausmachen. In diesen Bereichen können wir oft schon im Erstgespräch das Potenzial ausloten. In anderen Bereichen bieten wir den Unternehmen einen Pre-Market-Check an. Auf Basis dieser Informationen identifizieren wir die Formen des Markteinritts und stimmen die geeignetste Strategie mit unseren Auftraggebern ab. Dank dieser transparenten Vorgehensweise können deutsche Unternehmen das Risiko minimalisieren. Als Vertretung der deutschen Wirtschaft ist es uns auch ganz wichtig, das Interesse der deutschen Unternehmen zu vertreten. Das ist z.B. bei unseren Standortberatungsprojekten ganz wichtig.
Welche Studienreisen sind derzeit geplant und wohin?
Wir planen viele Aktivitäten für dieses Jahr. Zum einen bewerben wir uns im Rahmen der öffentlich geförderten Projekte für diverse Delegationsreisen und Messeprojekte. Ergänzend dazu ergreifen wir aber auch Initiative und organisieren immer mehr sogenannte Selbstzahlerreisen – das sind Delegationsreisen und Studienfahrten für ausgewählte Branchen, wo wir Potenzial einer Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Unternehmen erkennen. Für dieses Jahr haben wir schon konkrete Pläne zu solchen Themen wie smart factory, KI, Holzbau, Energietransformation. Das sind Delegationsreisen nach Deutschland wo wir mehrere Bundesländer und Fachorganisationen berücksichtigen, z.B. in Bayern, NRW, Sachsen, Brandenburg, Baden-Württemberg. Aber wir werden auch Delegationsreisen nach Polen organisieren, z.B. zum Thema Landwirtschaft 4.0, Energie oder Bahntechnik. Bei den Delegationen geht es vor allem darum Erfahrungen auszutauschen und Geschäftskontakte zu knüpfen. Der B2B Bereich und das Netzwerk sehen wir nämlich als unseren core business.
Die AHK Polen startet gerade eine Reihe von Veranstaltungen mit dem Titel #PolenalsHotspot. Was ist das Ziel dieser Initiative und an wen richtet sie sich?
Das ist eine weitere Initiative, die wir im März eingeleitet haben. Wir möchten deutschen Unternehmern, die an der Erschließung des polnischen Marktes interessiert sind und Kooperationsmöglichkeiten mit polnischen Unternehmen aufnehmen möchten, mit unserer Expertise und Erfahrung zur Seite stehen. Wir bieten eine Reihe von Delegationsreisen, um Kooperationsmöglichkeiten mit polnischen Unternehmen auszuloten und insbesondere bei der Suche von Vertriebspartnern und zuverlässigen Lieferanten zu unterstützen. Darüber hinaus ist die Reise durch zahlreiche Treffen mit Vertretern der Wirtschaft die Möglichkeit der Gewinnung eines Überblicks über die aktuelle Lage und das Geschäftsklima, z.B. für geplante Investitionsvorhaben. Wir besuchen vier dynamische Regionen Polens (Krakau-Kattowitz, Warschau-Lodz, Danzig-Bromberg und Breslau-Posen). Alle diese Standorte zeichnen sich durch ein starkes Industrie-, Verbraucher- und Investitionspotenzial. Wir möchten interessierte Wirtschaftsvertreter einfach ermutigen, mit uns Kontakt aufzunehmen und sich persönlich über die Möglichkeiten der Geschäftsentwicklung für ihr Unternehmen in Polen vor Ort zu informieren! Mehr Informationen hierzu kann man gut auf unserer Internetseite entnehmen: https://ahk.pl/events/event-details/polen-als-hotspot-ahk-delegationsreise-fuer-deutsche-unternehmen-nach-polen.