Nach Ansicht ausländischer Investoren steht Polen an dritter Stelle unter 15 Ländern in Mittel- und Osteuropa.
Dies belegt die neue Konjunkturumfrage der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen) in Zusammenarbeit mit der internationalen Kammervereinigung IGCC, die heute beim Europäischen Wirtschaftskongress in Katowice vorgestellt wurde. Die Ergebnisse zeigen jedoch eine verschlechterte Stimmung der Wirtschaftsvertreter im Vergleich zum letzten Jahr. Sowohl der Zustand der polnischen Wirtschaft als auch der der Unternehmen wird schlechter bewertet. Nach wie vor werden das Steuersystem, bürokratische Hürden und zunehmend die Arbeitskosten negativ bewertet.
„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die aktuelle Wirtschaftskrise in Europa auch die internationalen Investoren in Polen betrifft“, sagt Lars Gutheil, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen). „Polen bleibt zwar ein attraktiver Investitionsstandort in der Region Mittel- und Osteuropa, aber der Rückgang der Ergebnisse in vielen Kategorien sollte ein Impuls sein, entschlossene Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas in Polen zu ergreifen. Besorgniserregend ist, dass die größten Hindernisse für die Geschäftstätigkeit, die von den Unternehmern im letzten Jahr genannt wurden, auch in der diesjährigen Umfrage bestehen bleiben.“
Im Vergleich zu den Ergebnissen des letzten Jahres ist der Prozentsatz der Antworten, die die Wirtschaftslage als schlecht bezeichnen, um 11,7 Prozentpunkte auf 24,5 % gestiegen, während der Prozentsatz der Antworten, die sie als zufriedenstellend bezeichnen, um 11,2 Prozentpunkte auf 51,0 % gesunken ist. Die Aussichten für die polnische Wirtschaft werden unterschiedlich bewertet: Mehr als 40% der Befragten sind der Ansicht, dass sich die Situation nicht verändert hat, jeder Vierte schätzt die Perspektiven als besser ein (26,5 Prozent), während ähnlich viele sie als schlechter einschätzen (27,7 Prozent) als im Vorjahr.
Die Unternehmer schätzen die Lage ihrer Branche auch seltener als gut ein. Nur noch 27,7 % (minus 5,2 Prozentpunkte) geben eine positive Bewertung ab, während 23,9 % bezeichnen sie eher als schlecht (minus 3,8 Prozentpunkte). Die Mehrheit der Befragten (56,1 Prozent) glaubt, dass sich die Lage ihrer Branche in diesem Jahr nicht ändern wird, lediglich ein Viertel erwartet eine Verbesserung (27,7 %). 9,7 % der befragten Unternehmen bewerten ihre eigene Lage als schlecht, ein Plus von 4,8 Prozentpunkten.
„Die Verschlechterung der Lage der Unternehmen ist in hohem Maße durch die anhaltende Abkühlung der Konjunktur und die geringere Nachfrage auf den Märkten der wichtigsten Handelspartner beeinflusst worden. Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen jedoch, dass die einzelnen Branchen von dieser Situation unterschiedlich betroffen sind“, betont Gutheil.
Es gibt allerdings auch positive Zeichen, so belegt die Umfrage. Trotz der Verunsicherung auf den globalen Märkten, bewerten die Unternehmen ihre Risiken geringer als noch vor einem Jahr. So geben zwar noch immer fast 57% an, sich Sorgen um die Energiepreise zu machen. Noch 2024 waren es jedoch 71,2%. Auch die Sorge um steigende Arbeitskosten ist von 67,5% auf jetzt 59,4% gefallen. Ähnlich verhält es sich bei den Preisen für Rohstoffe (50,3% gegenüber 65,6% vor einem Jahr). Kritisch gegenüber der Wirtschaftspolitik der Regierung äußern sich 27% der Befragten. Noch vor einem Jahr waren es 39,3 %. Auch die Rechtssicherheit wird positiver bewertet. Nur 30% sehen hier noch immer ein Risiko. Vor einem Jahr waren es 40,5 %.
Nichtsdestotrotz ist die Unsicherheit unter den Unternehmern in der aktuellen wirtschaftlichen Situation groß. Tomasz Kowalski, CEO der Deutschen Bank Polska, betonte bei der Diskussion im Anschluss an die Präsentation der Umfrageergebnisse, dass das Ausmaß dieser Unsicherheit mit dem Jahr 2022 vergleichbar sei. Dies lässt sich an der sinkenden Nachfrage nach Investitionskrediten ablesen, die nicht nur auf deren Kosten zurückzuführen ist. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die bei den Befragten überwiegen.
In der Länderwertung wird Polen nur von Estland und Litauen geschlagen, schneidet aber vor Tschechien, der Slowakei und Rumänien ab. 91 Prozent der Unternehmer erklärten, sie würden Polen wieder als Investitionsstandort wählen (2024: 98,2%). Positiv bewertet werden dabei vor allem die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (77,4 Prozent der positiven Bewertungen), die Qualität der Verkehrs-, Logistik- und Kommunikationsinfrastruktur (Netzwerke), die digitale Verwaltung und -dienstleistungen. Zu den Vorteilen zählen auch die Digitalisierung der Verwaltung sowie die Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer.
In Bezug auf diese Ergebnisse betonte Wojciech Trojanowski, Vorstandsmitglied der Strabag Polen, dass Polen in Hinblick auf das Geschäftsklima und die Investitionen nach wie vor an der Spitze der untersuchten Länder stehe. Die Umfrage zeigt auch, dass die Digitalisierung in Polen sehr weit fortgeschritten ist und einen Standortvorteil darstellt, betonte er.
Am schlechtesten bewertet werden die Arbeitskosten (42,6% der negativen Aussagen), das Steuersystem und die Steuerverwaltung (41,9 Prozent) sowie die Steuerlast (40,7 Prozent). Die Investoren wiesen auch auf die geringe Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik und unzureichende Flexibilität der Arbeitsrechtsvorschriften hin. „Polen hat große Fortschritte bei den Unternehmensdienstleistungen und der Entwicklung der Infrastruktur gemacht. Es ist jedoch besorgniserregend, dass die schlecht bewerteten Standortfaktoren aus den Vorjahren weiterhin negativ eingeschätzt werden. Es ist bislang nicht gelungen, die Versprechen der Entbürokratisierung, der transparenten Gesetzgebungsverfahren und geringerer Steuerbelastungen wahr zu machen. Zudem kommen die höheren Arbeitskosten als negativer Faktor hinzu, der die Wettbewerbsfähigkeit Polens beeinträchtigt.“, so Gutheil.
Die diesjährige Umfrage befasst sich insbesondere mit dem Problem des Fachkräftemangels, der einen weiteren Anstieg der Arbeitskosten nach sich zieht. Der Druck des Arbeitsmarktes könnte jedoch auch positive Veränderungen mit sich bringen: Fast 62% der Befragten gaben an, dass sie die Automatisierung und Digitalisierung intensivieren würden, um die Auswirkungen des Fachkräftemangels abzumildern.
Große Risiken sehen die Unternehmen in den globalen Herausforderungen: Inflation und geldpolitische Rahmenbedingungen sowie Handelshemmnisse und -konflikte - jeweils 74,2 und 72,3 Prozent. Die Sicherung der Rohstoff- und Energieversorgung (58,1 Prozent), die Transformation der Wirtschaft hin zu nachhaltiger Energie und die Cyber-Sicherheit (jeweils 53,5 Prozent der Nennungen) sind die wichtigsten Aufgaben für die Unternehmen. Die Folgen von mittel- und langfristigen Konflikten und geopolitischen Krisen für die Unternehmen sind nach Ansicht der Befragten vor allem höhere Kosten (75,5 Prozent), Nachfragerückgang (52,3 Prozent) und erhöhte Rechtsunsicherheit (49,7 Prozent).