Fachkräfteeinwanderungsgesetz für Polen kein Grund zur Sorge

Das am 1. März 2020 eingetretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Deutschland erleichtert es Fachkräften aus Drittstaaten, eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Doch insbesondere von polnischer Seite gibt es Sorgen, dies würde sich maßgeblich auf den bereits bestehenden Arbeitskräftemangel auswirken. Doch inwiefern sind diese Sorgen gerechtfertigt?

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Autorin: Isabell Tobik
Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer

„Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten erleichtern, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.“ So Roland Fedorczyk, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter der Rechtsabteilung der Deutsch-Polnischen Handelskammer (AHK) in Warschau. Vor allem umfasse es Änderungen in Bezug auf die Vergabe von Aufenthaltstiteln und die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen. Das Gesetz erlaubt es ausgebildeten Fachkräften aus Drittstaaten, in Deutschland zu arbeiten und vereinfacht die Regelungen für Einwanderer mit absolviertem Hochschulabschluss. Festgelegt wurde auch die Abschaffung der Beschränkung auf so genannte Engpassberufe, also bestimmte Berufe, in welchen Fachkräften fehlen. Auch die Vorrangprüfung entfällt künftig. Bei dieser wird durch die Bundesagentur für Arbeit überprüft, ob für eine konkrete Stelle ein inländischer oder europäischer Bewerber zur Verfügung steht. Weitere wichtige Punkte sind die Erleichterung des Aufenthaltes zur qualifizierten Berufs- und Sprachausbildung sowie zur Arbeitssuche.

Dennoch stellt die neue Regelung immer noch wichtige Anforderungen, die ein Kandidat erfüllen muss, um eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Dieser muss über eine dokumentierte berufliche Qualifikation oder über eine, der deutschen gleichwertige, Ausbildung verfügen und mindestens das Niveau B1 der deutschen Sprache nachweisen. Hierbei darf man nicht unbeachtet lassen, dass nur in etwa 2-4% der ukrainischen Staatsbürger auf diesem Niveau Deutsch sprechen.

 „Grund zur Panik, dass ukrainische Staatsbürger massenweise aus Polen abwandern werden besteht nicht,“  meint Roland Fedorczyk „Die bürokratischen Hürden der Berufsanerkennung sind doch recht hoch geschraubt.“ Obwohl ein Teil der in Polen arbeitenden Ukrainer eine Berufsausbildung oder einen akademischen Abschluss besitzt, haben viele dennoch nicht die nötigen Qualifikationen, die für das neue Gesetz von Bedeutung wären.

Dennoch kündigten sich bereits im Vorjahr bei dem Beschluss des Gesetzesentwurfs von polnischer Seite Sorgen an. Vor allem das höhere Lohnniveau in Deutschland begünstigt eine mögliche Abwanderung.  Es wird befürchtet, dass viele der ukrainischen Arbeitskräfte nach Deutschland emigrieren und dass dies zu einer Verschärfung des Arbeitskräftemangels führt. In Polen arbeiten Schätzungen zufolge bis zu 1,2 Millionen ukrainische Staatsbürger. Vor allem für die polnische Industriebranche, Transportwirtschaft und im Bauwesen sind ukrainische Arbeitskräfte wichtig.

„Dennoch werden sich polnische Unternehmen um ihre ukrainischen Kollegen und Kolleginnen m mehr bemühen müssen,“ so Fedorczyk. Einer mit in Polen arbeitenden Ukrainern durchgeführten Umfrage der EWL Group zufolge gaben viele der Befragten an, dass Sie beabsichtigen in der Zukunft eine Arbeit in anderen Ländern als der Ukraine oder Polen aufzunehmen (45%). Hierbei gaben die meisten der Befragten (34%) an, Deutschland bei der Arbeitsaufnahme zu berücksichtigen.

Weiterhin bleiben dennoch viele Hürden für potenzielle Arbeitnehmer aus Drittstaaten bestehen. So spielen neben den bereits genannten Anforderungen an eine berufliche Qualifikation und ein angemessenes Sprachniveau auch familiäre Faktoren eine Rolle. Auch die hohen Anfangskosten sind nicht zu vernachlässigen.