Steueroptimierter Markteintritt nach Deutschland durch Verlustnutzung

Steueroptimierter Markteintritt nach Deutschland durch Verlustnutzung

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Autor: Marcin Latarski

Unternehmer, die in Deutschland investieren möchten, stehen üblicherweise vor der Frage, in welcher Form das wirtschaftliche Engagement in Deutschland sinnvoll ist.

Den Unternehmern stehen dabei in der Regel folgende Möglichkeiten zur Verfügung: Gründung einer Gesell-schaft, Begründung einer Niederlassung bzw. Betriebsstätte in Deutschland oder der Erwerb von Anteilen an einer bereits am deutschen Markt existierenden Gesellschaft.

Steuerlich gesehen bieten sich beim Erwerb von Anteilen Gesellschaften an, die über einen Verlustvortrag verfügen, sofern dieser Verlust mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann. Eine mögliche Verlustver-rechnung führt zu einer steuerlichen Entlastung des Unternehmens.

Der Erwerb von Anteilen einer solchen Verlust-Kapitalgesellschaft war und ist weiterhin davon geprägt, dass ein Teil oder gar der ganze Verlustvortrag wegfällt. So ist bei einem Anteilserwerb innerhalb von 5 Jahren
- von mehr als 25% und bis zu 50% mit einem anteiligen Wegfall und
- von mehr als 50% mit einem vollständigen Wegfall

der bis zu diesem Zeitpunkt nicht genutzten Verlustvorträge zu rechnen.

Dies kann zu einem entscheidenen steuerlichen Nachteil führen. Mit dem gesamten Wegfall von Verlustvor-trägen beispielsweise in Höhe von 1.000.000 € würde bei einem kalkulierten Körperschaft- und Gewerbesteu-ersatz von gesamt rund 30% eine Steuerentlastung von 300.000 € verloren gehen.

Verlustvorträge können weiterhin bei einem Anteilserwerb von mehr als 50% in folgenden Ausnahmefällen erhalten bleiben:
- Anteilsübertragung innerhalb eines Konzerns
- bei den Verlust übersteigenden steuerpflichtigen stillen Reserven
- bei Sanierung des Geschäftsbetriebs (lt. EU-Kommission Verstoß gegen das europäische Beihilfe-verbot1).

Diese bisherigen Regelungen zur Einschränkung, Wegfall oder Erhalt des Verlustabzugs gelten zwar weiter-hin, jedoch hat der Gesetzgeber nun durch das Gesetz vom 20.12.2016 zur Weiterentwicklung der steuerli-chen Verlustverrechnung eine ergänzende Regelung eingeführt.

Diese Neuregelung ist bereits für Erwerbe ab dem 01.01.2016 anwendbar.

Diese kann auf Antrag die bisherigen Regelungen zur Beschränkung oder Wegfall des Verlustabzuges außer Kraft setzen, wenn ausschließlich derselbe Geschäftsbetrieb fortgeführt wird (so genannter „fortfüh-rungsgebundener Verlustvortrag“). So kann der Verlustabzug und damit auch die mögliche steuerliche Entlastung erhalten bleiben.

Für die Anwendung der neuen Regelung müssen jedoch nachfolgende Voraussetzungen während des so genannten Beobachtungszeitraums kumuliert erfüllt sein. Der Beobachtungszeitraum enthält die letzten 3 Jahre vor der Anteilsübertragung bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums des Beteiligungserwerbs.

1. Fortführung ausschließlich des selben Geschäftsbetriebes. Hierbei kommt es auf die Gesamtbe-trachtung an, insbesondere die qualitativen Merkmale, wie die angebotenen Dienstleistungen und Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte sowie die Qualifikation der Ar-beitnehmer.

2. Es liegt kein schädliches Ereignis vor:
a. Einstellung des Geschäftsbetriebes,
b. Ruhendstellung des Geschäftsbetriebes
c. der Geschäftsbetrieb wird andersartiger Zweckbestimmung zugeführt
d. Aufnahme zusätzlicher Geschäftsbetrieb
e. Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft
f. Körperschaft nimmt Stellung eines Organträgers ein
g. auf die Körperschaft übertragene Wirtschaftsgüter, die mit einem geringeren Wert als dem gemeinen Wert angesetzt werden

Die neue Regelung eröffnet neue Möglichkeiten für den Markteintritt nach Deutschland durch einen Anteils-erwerb an einem bestehenden Unternehmen.

Sie erweitert die bisherigen Fälle um den so genannten „fortführungsgebundenen Verlustvortrag“, in denen bisherige Verluste zu 100% erhalten bleiben können und für eine spätere Verrechnung mit Gewinnen zur Ver-fügung stehen. Dies kann in der Zukunft zu einer entscheidenden Steuerentlastung führen.

 

1 Revisionen EuGH anhängig (Az.: C-208/16 P und 209/16 P).

Autor

Marcin Latarski
Steuerberater
EcoTaxes GmbH, Steuerberatungsgesellschaft
Leipziger Platz 11, 10117 Berlin
www.ecotaxes.de